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- Christian Hänsele

Wie funktioniert die modellbasierte Disposition der Schalung (moDiS) und welches sind die Vorteile?

Eine Innovation ist dann besonders hilfreich, wenn sie ein Problem behebt, mit dem Anwender jeden Tag im Berufsalltag zu kämpfen haben. Oder wenn es gelingt, repetitive Arbeitsschritte, die den Anwender viel Aufwand und Zeit kosten, zu vermeiden und den Prozess effizienter zu gestalten. moDiS ist eine solche Innovation. Das Kürzel steht für „modellbasierte Disposition der Schalung“ und bezeichnet ein neues Verfahren, für das WOLFF & MÜLLER beim Deutschen Baupreis 2022 mit dem Sonderpreis Innovation ausgezeichnet wurde. Welches Problem das Verfahren löst und welche Vorteile es hat, werden im Folgenden beschrieben.

Das Problem: inneffiziente Schalungseinsatzplanung

Die herkömmliche Schalungseinsatzplanung in 2D läuft in vielerlei Hinsicht ineffizient ab. Bei jeder Änderung müssen Schnitte, Ansichten und Vorhaltemengen separat angepasst werden. Inhalte und Informationen werden kopiert, verändert, pauschal hochgerechnet oder nicht dargestellt, weil sie im 2D-Plan verdeckt sind. Die Schalungselemente werden für jeden Takt einzeln ermittelt, die Stückzahlen in Excel exportiert und die Zahlen zusammenkopiert, das kann je nach Projektumfang mehr als einen Tag pro Stockwerk dauern. Viele Hersteller von Schalungssystemen bieten bereits BIM-Bauteilbibliotheken ihrer Produkte an sowie erste Funktionalitäten zur modellbasierten Erstellung der Schalungslösungen. Es fehlt jedoch ein System, mit dem sich die Vorhaltemengen samt An- und Abtransport von der Baustelle automatisch und herstellerübergreifend ermitteln lassen. Ein medienbruchfreies Arbeiten ist bisher nicht möglich; zudem ist die herkömmliche Planung fehleranfällig. Getreu dem Motto „Lieber zu viel als zu wenig“ gehen Bauunternehmen bei den Vorhaltemengen oft auf Nummer sicher. Die Folge sind höhere Mietkosten und Transportaufwendungen.

Das Ziel: Arbeitsweise verbessern

Konsistente Daten, keine Mehrfachtätigkeiten mehr, eine detailliertere und wirtschaftlichere Planung – das waren die Ziele bei der Entwicklung von moDiS. Der Faktor Mensch ist trotz aller technischen und digitalen Unterstützung weiterhin zentral. Durch medienbruchfreies Arbeiten sollte die Anwenderfreundlichkeit erhöht und die Fehler minimiert werden. Getreu der strategischen Ausrichtung von WOLFF & MÜLLER auf digitales Planen und Bauen war die Integration der Schalungsdisposition in die BIM-Prozesse ebenfalls ein Muss.

Die Lösung: moDiS

moDiS ist ein selbst entwickeltes Verfahren, das es WOLFF & MÜLLER ermöglicht, die Schalungseinsatzplanung modellbasiert und medienbruchfrei zu erstellen. Durch ein eigens programmiertes Python-Skript kann anschließend auf Knopfdruck der gesamte Bedarf an Schalungsmaterial exakt und unabhängig vom Systemanbieter ermittelt, getaktet und in Vorhaltemengen aufgeteilt werden. moDiS funktioniert mit der Software Revit, doch das schränkt die Planung nicht ein. Denn durch das IFC-Dateiformat lassen sich auch BIM-Modelle, die in anderer Software erstellt wurden, in Revit importieren und weiterbearbeiten. Auf diese Weise kann moDiS auch problemlos bei Open-BIM-Projekten zum Einsatz kommen, und den Fachplanern bleibt es überlassen, in welcher BIM-Software sie arbeiten möchten.

Die Entwicklung

Der Weg hin zu moDiS begann damit, dass die BIM-Fachleute des Unternehmens die bisherige Arbeitsweise analysierten. Sie überlegten, wo Fehler auftreten und wie sich diese vermeiden lassen. Revit wurde als Software festgelegt. Im zweiten Schritt entwickelte das Projektteam eine benutzerfreundliche Revit-Vorlagedatei und ein allgemeingültiges Verfahren zur Integration in bestehende Prozesse. Um die Lösung zu validieren, entwarfen und modellierten sie ein Testgebäude mit möglichst vielen schalungsrelevanten Gegebenheiten, etwa unterschiedlichen Geometrien, Kabel- und Aufzugsschächten, Deckenversprüngen usw. Anhand des Testgebäudes takteten sie die Betonierabschnitte und erstellten die Schalungslösungen der Wand- und Deckentakte. Dabei nutzten und optimierten Sie das Verfahren. 

Die Vorteile von moDiS

  • Visualisierung und höhere Qualität der Planung: Dank des BIM-basierten Verfahrens ist auf den ersten Blick zu erkennen, um welche Schalungselemente es sich handelt. Komplexere Bauteile wie Aufzugsschächte können ohne Probleme dargestellt werden. Klassische Schalungseinsatzpläne werden durch moDiS theoretisch überflüssig, können aber dennoch erstellt werden. Sie lassen sich wie gewohnt nutzen oder mittels Augmented Reality um 3D-Schalungslösungen ergänzen.  
  • Exakte Planung: Im Gegensatz zu der klassischen Schalungseinsatzplanung kann das Projektteam mit der modellbasierten Arbeitsweise schnell und einfach jedes noch so kleine Element der Schalung, z.B. Richtschlösser, Anker oder sogar kleinste Schrauben erfassen. So lassen sich auch die Vorhaltemengen der benötigten Elemente vollständig und exakt ermitteln. Der Ansatz „Das bekommen die draußen auf der Baustelle schon gelöst“ wird ersetzt durch eine exakte Planung.
  • Zeit- und Materialeinsparung: Mühselige, separate Arbeiten wie Höhenberechnungen oder Wand-Schalungselement-Vermessungen entfallen. Die automatisierte Ermittlung der Vorhaltemenge „auf Knopfdruck“ spart viel Zeit, aber auch Material.
  • Fehlervermeidung: Fehler in der Planung werden vermieden. Sollten dennoch ein Fehler auftreten, lässt er sich im BIM-Modell schnell korrigieren, ohne Doppelarbeiten. Eine erneute Ermittlung der veränderten Vorhaltemengen dauert wiederum nur Sekunden – sogar für das gesamte Projekt.  
  • Verbesserte Baustellenlogistik: Das Bauteam weiß mit moDiS genau, wie viele Schaltungselemente es pro Geschoss braucht. Wenn ein Geschoss fertig ist, können überflüssige Elemente abtransportiert oder noch fehlende Elemente antransportiert werden. Schalungselemente können somit effizienter eingeplant werden. Das wiederum unterstützt die Logistik und führt zu geringen Mietkosten sowie mehr Platz auf der Baustelle. 
  • BIM-Modell als „single source of truth“: Alle Daten der Schalungseinsatzplanung werden mit moDiS gesammelt und grafisch dargestellt. Weil kein Systemwechsel erforderlich ist, gehen auch keine Daten und Informationen verloren.
  • Vollständige Bauablaufsimulation: Die modellbasierte Schalungseinsatzplanung kann ebenfalls in die Bauablaufsimulation integriert werden, sodass diese noch realitätsnaher ist.  
  • Unabhängigkeit: moDiS funktioniert mit allen Schalungselementen von Herstellern, die eine eigene Revit-Bibliothek anbieten.

Fazit

moDiS steigert die Effizienz enorm und macht Bauprojekte insgesamt wirtschaftlicher. Die Daten für die Baustelleneinrichtung, Terminplanung, Visualisierung oder den Einkauf werden ohne Papier und ohne Informationsverluste weitergegeben. Beim Bau zweier Schulen hat das Verfahren bereits seine Praxistauglichkeit bewiesen. Der Mehrwert ist so groß, dass WOLFF & MÜLLER moDiS zum Standard bei allen BIM-Projekten machen möchte.

 

Mehr über BIM bei WOLFF & MÜLLER erfahren Sie hier: https://www.wolff-mueller.de/unternehmen/epi-prinzip/bim

Christian Hänsele

Autor: Christian Hänsele

Teamleiter Digitalisierung & BIM bei WOLFF & MÜLLER

 

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#digitalisierung #bim #innovation #hochbau #rohbau #schalung 

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