Bauprozesse optimieren: mit BIM, Lean Management und der App „BPO Projektsteuerung“
Weg vom Denken in Unikaten, hin zum Denken in Prozessen: So lautet eine der zentralen Strategien von WOLFF & MÜLLER, um die Qualität, Termin- und Kostensicherheit von Bauprojekten deutlich zu verbessern. Die Prozesse werden zuerst in der analogen Welt analysiert und optimiert und dann mithilfe verschiedener Methoden digitalisiert. Beim Bauprojekt in Ludwigsburg kommen gleich drei innovative Methoden und Werkzeuge zum Einsatz: Building Information Management (BIM), die Lean-Methode Last Planner System und die App „BPO Projektsteuerung“. Welche Vorteile und Herausforderungen ergeben sich aus den drei Innovationen?
Bürogebäude für Technologiekonzern
Das Bürogebäude befindet sich in der Wilhelm-Fein-Straße in Ludwigsburg. WOLFF & MÜLLER übergab das Projekt nach 18 Monaten Bauzeit an den künftigen Mieter, einen Technologiekonzern. Das Gebäude hat eine Bruttogeschossfläche von rund 5.000 Quadratmetern und besteht aus drei Geschossen. Für ein angenehmes Arbeitsumfeld sorgen eine großflächig verglaste Fassade, ein begehbarer Innenhof, Terrassen und Balkone in den Obergeschossen und eine Dachterrasse. Im Erdgeschoss befinden sich Werkstätten. Das Untergeschoss wurde zur Tiefgarage mit 41 Stellplätzen ausgebaut und bietet zudem Umkleideräume, Technik- und Hausanschlussräume sowie Fahrradstellplätze.
Building Information Management (BIM)
Das Projekt ist ein Beispiel für die Nutzung von Building Information Management (BIM) über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks. Denn die Methode kam schon ab der dritten Leistungsphase (Entwurfsplanung) zum Einsatz und wirkt weit über die Fertigstellung hinaus in die lange Betriebsphase. Die Architekten, Tragwerksplaner, Fachplaner für Heizungs-, Lüftung-, Sanitär- und Klimatechnik sowie Elektroplaner erstellten jeweils die Modelle ihrer Fachdisziplin mit der Software ihrer Wahl. Die einzelnen Fachmodelle wurden dann zu einem BIM-Gesamtmodell über das gemeinsame Austauschformat „Industry Foundaction Classes“ (IFC) zusammengeführt. Alle Beteiligten nutzten dieselbe Informationsquelle, das zentrale BIM-Modell als „Single Source of Truth“. Der Bauherr bekam einen digitalen Zwilling des fertigen Gebäudes, der als Basis fürs Facility Management dient, etwa um Reinigungskosten oder den Energiebedarf von Räumen zu berechnen oder auch spätere Umbauten zu planen.
Lean Management
Beim Lean Management geht es darum, fortlaufend Prozesse zu verbessern und die gesamte Wertschöpfungskette effizient zu gestalten. Dabei soll Verschwendung vermieden werden – in der Bauwirtschaft sind damit zum Beispiel Suchprozesse oder Wartezeiten auf Baustellen gemeint. Beim Ludwigsburger Bauprojekt kam das Last Planner System zum Einsatz. Ziel der Methode ist, die Nachunternehmer der einzelnen Gewerke aktiv und gemeinschaftlich in die detaillierte Terminplanung miteinzubinden. Da jeder Baupartner in seinem Bereich die größte Erfahrung hat, verteilte die Bauleitung keine fertigen Terminpläne. Stattdessen gab es täglich etwa zehminütige Besprechnungen mit den Baupartnern zur gemeinsamen Abstimmung.
App „BPO Prozessoptimierung“
Um das Last Planner System noch effizienter zu nutzen, verwendete das Bauteam ein neues Modul des Softwaresystems BPO. Der Begriff steht für „BauProzessOptimierung“ und ist ein mobiles Planungs- und Echtzeitsystem von Volz Consulting, einem Beratungsunternehmen für digitales Bauen. Die App dient zur Terminplanung und zur Aufnahme des Ist-Standes: So können beispielsweise Termine im Nachgang von den Baupartern gleich als erledigt markiert werden – die Bauleitung wird in Echtzeit darüber informiert, kann zeitnah eine Qualitatskontrolle durchführen und bei Bedarf eine Nachbesserung veranlassen. Das digitale Werkzeug zeigt alle Einsatzdaten mit Lageplan während der Bauausführung an und speichert Leistungsstände. So konnte das Team jederzeit die aktuelle Entwicklung der Baustelle auf dem Handy, Tablet oder einem anderen Endgerät einsehen.
Fazit zum Einsatz von BIM
Bereits zu Beginn trug die BIM-Methodik zu einer guten Kommunikation und Abstimmung zwischen Fachplanern, Bauherren und Bauunternehmen bei. Da das gesamte Team einen gemeinsamen Datenraum nutzte und jederzeit auf das BIM-Gesamtmodell zugreifen konnte, hatte jeder immer den aktuellen Planungsstand des jeweils anderen im Blick. Auch während der Bauausführung bewährte sich das Datenmodell: Das Projektteam simulierte mit dem Modell zum Beispiel exemplarisch den Bauablauf. Allerdings: Um die BIM-Anwendungsfälle umfassend einsetzen zu können, müssen die Fachmodelle ein hohes Qualitätsniveau an aufweisen – entsprechend sind hierfür einige Abstimmungsschleifen notwendig.
Fazit zum Last Planner System und BPO
Lean und BPO sorgten für ein Maximum an Transparenz. Es entstand eine Vertrauensbasis, die ein effizientes und partnerschaftliches Arbeiten unterstützte. Zudem behielt das Team dank der App alle Termine noch besser im Blick und konnte mögliche Probleme frühzeitig erkennen und lösen. Das Last Planner System eignet sich besonders für Schlüsselfertigbau-Projekte mit einer hohen Anzahl unterschiedlicher Ausbaugewerke – so wie hier. Denn das Verfahren ist sehr flexibel: Während die klassische Projektentwicklung von oben nach unten in Richtung Baupartner wirkt, funktioniert das Last Planner System in umgekehrter Richtung von den ausführenden Gewerken in Richtung Bauleitung.
Quelle Titelbild: Swen Carlin
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