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- Dr. Albert Dürr

Wie groß ist das Brückenproblem?

Vor mehr als drei Monaten ist die Carola-Brücke in Dresden eingestürzt. Seither läuft die Ursachenforschung. Nach aktuellem Stand ist eine sogenannte Spannungsrisskorrosion am wahrscheinlichsten. Dass eine Brücke ohne Vorankündigung in sich zusammenbricht ist äußerst selten, schließlich werden Ingenieurbauwerke regelmäßig DIN-konform überprüft. Angst ist also nicht angebracht, aber entschlossenes Handeln. Denn der Fall legt die Schwachstellen in unserer Infrastruktur schonungslos offen. Lassen Sie uns die Fakten betrachten:

Was sind die Ursachen?

Rund 130.000 Brücken gibt es in Deutschland. Unterschiedliche Stellen sind dafür zuständig: Bund, Länder, Kommunen oder auch die Deutsche Bahn. Was viele Brücken gemeinsam haben, ist ihr schlechter Zustand. Allein 8.000 Autobahnbrücken und fast jede zweite Straßenbrücke in Kommunen sind sanierungsbedürftig. Durch Umleitungen, Sperrungen und Baustellen belasten marode Brücken nicht nur die Mobilität, sondern auch die Wirtschaft.

Wie werden Brücken saniert?

Die Sanierung einer maroden Brücke ist ein komplexes Vorhaben mit vielen Schritten wie Zustandsanalyse, Statik und Sicherheitsprüfung, Abbruch und Entsorgung schadhafter Teile, Betonsanierung und Stahlverstärkung, Erneuerung der Fahrbahn und Modernisierung der Geländer. Ist die Sanierung weder wirtschaftlich noch technisch sinnvoll, wird ein sogenannter Ersatzneubau errichtet.

Was hilft uns, den Sanierungsstau aufzulösen?

  • Verlässliche Investitionen: Auf Bundesebene gab es gute Ansätze: Durch Aufstockung des Etats und beschleunigte Verfahren wollte der Bund bis 2030 insgesamt 2.700 Brückenbauwerke sanieren oder ersetzen. Doch bisher ist fraglich, ob der Plan auch eingehalten wird: Es kommen deutlich weniger Ausschreibungen auf den Markt als angekündigt, und das Ende der Ampelregierung bringt weitere Unsicherheiten mit sich. Ob Bund, Länder oder Kommunen: Alle sind gefordert, mehr in ihre Infrastruktur zu investieren, Bürokratie bei Planungen und Genehmigungen abzubauen und (falls Sie selbst planen) ausreichend Planungskapazitäten zu schaffen.
  • Mehr Partnerschaft und Flexibilität: Wir brauchen eine neue Partnerschaftskultur am Bau und ein flexibleres Vergaberecht. Die derzeitige Praxis, Planung und Bau strikt voneinander zu trennen und Bauaufträge in mehrere Lose aufzuteilen, führt zu vielen Schnittstellen, Störungen und Verzögerungen. Stattdessen sollte die Baukompetenz frühzeitig in die Planung eingebunden sein – bis hin zu Modellen, bei denen ein Unternehmen Planung und Bau übernimmt. Das entlastet öffentliche Bauherren, die oft mit Personalmangel zu kämpfen haben. Dass es flexible Wege gibt, zeigt das Land Baden-Württemberg, das vor kurzem eine Sammelausschreibung für den Ersatz von 31 sanierungsbedürftigen Brücken nutzte. Wichtig auch: Wir müssen konsequent erst fertig planen, bevor wir bauen.
  • Digital und modular bauen: Building Information Management, kurz BIM, hilft bei der effektiven Abwicklung von Brücken-Projekten. Wir bauen erst digital, dann real – zum Beispiel bei der jüngst fertiggestellten Brücke über den Seeblickweg in Stuttgart. Das BIM-Modell macht sämtliche benötigten Informationen für alle Beteiligten verfügbar, sodass sich alle besser abstimmen können. Ebenso hilfreich: Standardisierung und Vorfertigung, um die Bauzeit zu verkürzen. Wir nutzen beispielsweise oft Verbund-Fertigteil-Träger, die im Werk produziert und auf der Baustelle dann nur noch an die richtige Position eingehoben werden müssen. Zurzeit arbeiten wir mit Partner an einer Brücke, bei der auch die Widerlager in Segmenten vorgefertigt und vor Ort montiert werden.

All das zeigt: Wir können den Sanierungsstau auflösen, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen: Politik, Auftraggeber, Genehmigungsbehörden, Planungsbüros und Bauindustrie.

Dr. Albert Dürr

Autor: Dr. Albert Dürr

Dr. Albert Dürr ist Geschäftsführender Gesellschafter der WOLFF & MÜLLER Gruppe

 

Teilen Sie Ihre Erfahrung und Meinung mit uns! Wir freuen uns auf Anregungen, Fragen und Austausch per Mail an magazin@wolff-mueller.de 

 

Titelfoto: Adobe Stock / Mike Bender

Weitere Lösungsansätze für die Baubranche finden Sie hier.

#brücke #bim #sanierungsstau #baukompetenz #bauenmitbegeisterung 

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